Dokumentationsstätte Regierungsbunker
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Türen auf ... für die Maus!


Die Maus im Bunker


Was ist ein Regierungsbunker?


Während der Fahrt durch die lieblichen Weinberge des Ahrtals können
wir uns kaum vorstellen, dass hier einmal der geheimste Ort der Bundesrepublik
Deutschland versteckt war. Tief unten im Weinberg, verschlossen
hinter einer großen, unvorstellbar schweren Tür. Doch bis jetzt können wir nur einen Weinstock neben dem nächsten sehen. Dann entdecken wir an einer kleinen Abzweigung das Schild »Dokumentationsstätte Regierungsbunker«. Eine rostige Stahlfassade mit einer Glastür ist der heutige Eingang zum ehemaligen Regierungsbunker.

Heike Hollunder, die Museumsleiterin der Dokumentationsstätte, will mit uns hinter das 25 Tonnen schwere Eingangstor des Bunkers schauen. Hier sollten im Kriegsfall die wichtigsten Mitglieder der früheren deutschen Regierung, einschließlich des Bundeskanzlers, in Sicherheit gebracht werden, um von
dort aus das Land zu regieren. Das Wichtigste zuerst: Glücklicherweise
wurde der Regierungsbunker bis zu seiner Schließung 1997 nie für den Ernstfall benötigt. Aber zwischen 1966 und 1989 fanden hier hinter mehr als 2500 Metalltüren zwölf große Übungen statt. »Alle zwei Jahre zogen 3000 Regierungsmitglieder für zwei Wochen in den Bunker ein und übten den Ernstfall.

Von der Telefonistin bis zum Wachmann, vom Minister bis zum Staatssekretär, alle waren dabei. Lediglich der Bundeskanzler und der Bundespräsident ließen sich übungshalber durch einen Kanzler-Üb und Präsidenten-Üb, also Kanzler-Übungshalber und Präsidenten-Übungshalber, vertreten. Oft übernahmen andere hohe Politiker ihre Vertretung«, erzählt Frau Hollunder. »Der Bunker war jederzeit einsatzbereit. Rund um die Uhr arbeiteten 180 Mitarbeiter im Schichtdienst und warteten alle Geräte und Systeme. Die Regierung hätte im Notfall innerhalb weniger Stunden hier einziehen können und für einen Monat Lebensmittel, Medikamente und Strom zur Verfügung gehabt.«

Mit dem Bau des Bunkers wurde 1961 begonnen und es dauerte fast zwölf
Jahre, bis der 3,5 Kilometer lange, stillgelegte Eisenbahntunnel zum 17 Kilometer großen Bunker umgebaut worden war. Der offizielle Name des geheimen Bauwerks war: »Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik
Deutschland in Krise und Krieg.« Er lag tief verborgen im Weinberg und trug den Tarnnamen einer bekannten Weinlage: »Rosengarten.« Der Bunker bestand aus fünf eigenständigen Abschnitten, die wie fünf kleine Städte funktionierten. Bei einer Zerstörung hätte sich die Regierung von einem Abschnitt in den nächsten
zurückziehen können. Jeder Teil hatte einen Brunnen für Frischwasser, einen Anschluss an das Stromnetz und mehrere Dieselgeneratoren. Insgesamt hatte der riesige Bunker eine Nutzfläche von 17 Fußballfeldern.

Um zu verstehen, warum die damalige Regierung diesen gigantischen Bunker bauen ließ, müssen wir uns die ersten Jahre der Bundesrepublik Deutschland anschauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Welt in zwei Lager aufgeteilt: Auf der einen Seite standen die USA und die westlichen Staaten, auf der anderen Seite die Sowjetunion und die östlichen Staaten. Vielleicht habt ihr in diesem Zusammenhang auch schon mal die Begriffe Kalter Krieg oder Ost- West-Konflikt gehört. Beide Seiten hatten sehr unterschiedliche politische Meinungen. Sie versuchten, sich gegenseitig mit Drohungen und der Anhäufung von Waffen einzuschüchtern.

Besonders groß war die Angst vor Atomwaffen, weil sie eine enorme Zerstörungskraft haben und eine gefährliche, tödliche Strahlung freisetzen. Da es immer wieder zu Spannungen zwischen Ost und West kam, ließ das Innenministerium den Regierungsbunker bauen. Es musste ein Ort in der Nähe der damaligen Hauptstadt Bonn sein, in dem die 3000 wichtigsten Regierungsmitglieder im Ernstfall einen Atomangriff hätten überleben können.

Der Bunker musste absolut dicht sein und sollte die Menschen vor radioaktiver Strahlung schützen. In die beiden Haupteingänge und in zwei Nebeneingänge wurden riesige Eingangstore eingelassen, die der enormen Druckwelle einer Atombombenexplosion standhalten sollten. Die dicken Metalltore wurden vor Ort mit Beton ausgegossen. Jedes Tor ist 1,20 Meter dick und wiegt 25 Tonnen. Fast unvorstellbar – ein Tor mit dem Gewicht von 25 Kleinwagen! Trotz des Gewichts konnte die Bunkeranlage innerhalb von zehn Sekunden druckdicht verschlossen werden. Bei einem Stromausfall ließen sich die Tore auch mit einer Handkurbel öffnen. Allerdings brauchte man über eine halbe Stunde, um die schweren Eingangstore per Muskelkraft wegzuschieben. Neben diesen Haupteingängen, durch die sogar kleine Autos passten, gab es zwei Nebeneingänge und 29 Belüftungsschächte, die zusätzlich als Notausgänge dienten. An ihnen waren spezielle Fühler angebracht, die bei einem Bombenangriff auf Druck, Licht oder Schall reagiert hätten. Innerhalb von Millisekunden hätten schwere Deckel die Öffnungen verschlossen. Nach einiger Zeit wären die Deckel aber wieder geöffnet worden, um den Bunker mit Luft zu versorgen. Die eindringende verseuchte Luft wäre in diesem Fall über verschiedene Filter geleitet und so gereinigt worden.

Nach den Toren wollen wir uns nun das Innere des Bunkers ansehen. Es soll hier vom Krankenbett über ein Wasserprüflabor bis hin zu einem riesigen Materiallager alles gegeben haben, was man im Notfall benötigt hätte. Zunächst führt uns Frau Hollunder einen langen Gang entlang. Es ist etwas kühl hier, um die 12° C, und es riecht wie in einem feuchten Keller. Uns fällt auf, dass alle Rohre und Kabel unter der Decke an Metallfedern aufgehängt sind. »Das verhindert, dass die Kabel durch eine Druckwelle reißen oder die Rohre brechen. Man hatte gehofft, dass sie bei einer Explosion einfach mitschwingen würden«, erklärt Heike Hollunder.

Wir erreichen die sogenannte Dekontaminationsanlage.Hier sollten im Falle einer Verseuchung die Giftgase oder die Strahlung mit verdünnten Säuren abgeduscht werden. »Die Regierungsmitglieder hätten ihre Bekleidung abgegeben, wären duschen gegangen und hätten anschließend neue Sachen bekommen«, erzählt Frau Hollunder. »Die Strahlung, die noch nicht in den Körper eingedrungen war, hätte man zum größten Teil abwaschen können. Es war aber völlig unklar, wie man mit verstrahlten Menschen umgegangen wäre.«

Wir kommen jetzt in den sicheren Bereich des Bunkers. Der Hauptstollen hat zwei Stockwerke, oben waren 936 Schlafräume eingerichtet und unten 897 Büros und alle Technikräume. In der Kommandozentrale, die rund um die Uhr besetzt war, reiht sich ein Arbeitsplatz an den nächsten. Vor jedem Platz gibt es ein Pult mit vielen Knöpfen, Hebeln und Schaltern, über die alle Tore, Türen und Belüftungsöffnungen kontrolliert wurden. Die Generatoren und Maschinen wurden von den Mitarbeitern des Bunkers gewartet. Deshalb gab es eine große Werkstatt mit einem riesigen Ersatzteillager. Paul Groß, der 36 Jahre lang für die Lüftung im Bunker verantwortlich war, erinnert sich, dass er oft mit einem der über einhundert Fahrräder unterwegs war, um von der Werkstatt zu den Lüftungsschächten zu gelangen. Bevor Paul Groß aber im Bunker arbeiten durfte, wurde er einer einjährigen Sicherheitsprüfung unterzogen. Hierbei wurden nicht nur seine Familie und seine Freunde zu seiner Persönlichkeit und seiner Verschwiegenheit befragt, sondern auch seine Nachbarn. Denn über ihren Job durften die 180 ständigen Mitarbeiter des Bunkers nicht reden. Auch untereinander sprachen die Kollegen nur das Nötigste über ihre Arbeit, denn zu der Zeit hatte jeder Angst, von einem möglichen Feind ausspioniert zu werden.

Der Bunker hatte auch eine eigene Feuerwehr. Sie bestand aus 40 Mitgliedern, die regelmäßig Feuerübungen mit schwerem Atemschutzgerät durchführten. Taschenlampe, Fluchthaube und Fahrrad waren die Standardausrüstung eines jeden Feuerwehrmannes. Die Fluchthaube hatte Sauerstoff für 15 Minuten, das schwere Atemschutzgerät war mit Sauerstoff für anderthalb Stunden ausgestattet. Da die Angst vor einstürzenden Stollen groß war, gehörten auch regelmäßige Räumungsübungen zum Programm der Feuerwehr. Auf Kranke und Verletzte war der Regierungsbunker bestens vorbereitet. Vier kleine Krankenhäuser mit OP Sälen, Krankenzimmern, Krankenhausbetten und einer Zahnarztpraxis waren in den verschiedenen Bunkerabschnitten untergebracht.

Zudem gab es ein kleines Fernsehstudio: Im Ernstfall sollte sich der Bundeskanzler von hier aus live, vor laufender Kamera, mit einer Ansprache an die Bevölkerung wenden. Ein kleiner Wohnzimmertisch und eine Gardine täuschten ein Wohnzimmer vor, damit die Bevölkerung den Aufenthaltsort des Kanzlers nicht erraten konnte. Auch ein Frisiersalon gehörte zum Bunker, damit die Politiker nicht schlecht frisiert für ihre Rede vor die Kamera treten mussten.

Während der Übungen verpflegten Soldaten von der Marineversorgungsschule auf Sylt die Regierungsmitglieder. Sie kochten in den Großküchen des Bunkers und servierten das Essen in riesigen Speisesälen, in denen bis zu 600 Menschen Platz hatten. Am Wochenende gab es in den Sälen Filmvorführungen und sonntags wurde der Gottesdienst abgehalten. Die meisten Übungsteilnehmer mussten sich zu viert oder zu sechst ein Zimmer teilen. Etagenbetten und ein Metallspint waren die einzigen Möbel in den Schlafzimmern.

Zum Duschen gab es gemeinsame Waschräume. »Einige Regierungsmitglieder haben diese Enge und die ständige Nähe zu den anderen gar nicht ausgehalten und einen Bunkerkoller bekommen«, erklärt uns Heike Hollunder. »Zwei Wochen ohne Tageslicht waren schrecklich und irgendwann wussten sie nicht mehr, wann Tag oder Nacht war. Diese Belastung war für einige so groß, dass sie die Übungen abbrechen mussten.« Nur für den Bundeskanzler und den Bundespräsidenten war je ein Einzelzimmer vorgesehen und ein eigenes Bad. Aber die Einrichtung der Räume war genauso einfach wie in den anderen Schlafzimmern: Feldbett, Nachttisch, Schrank, Lampe und Stuhl und alles war aus Metall, damit sich das Feuer bei einem Brand nur schwer ausbreiten konnte.

Das Wohnzimmer des Bundespräsidenten war allerdings ein echter Farbtupfer im Bunker: Die orange Stehlampe und eine knallrote Polstergarnitur wirken fast ein wenig schrill in dem tristen Gebäude. Ein Gerücht besagt, dass die Polstermöbel aus dem früheren Wohnsitz des Bundespräsidenten, der Villa Hammerschmidt, in Bonn stammten. Angeblich hat Hilda Heinemann, die Frau von Gustav Heinemann, Bundespräsident von 1969 bis 1974, dafür gesorgt, dass die Möbel in den Bunker kamen, da ihre Nachfolgerin Mildred Scheel keinen Gefallen an ihnen fand.

Auf dem Weg in den nächsten Raum kommen wir an einer öffentlichen Telefonzelle vorbei. Fragend schauen wir Frau Hollunder an. »Damals gab es weder E-Mails noch Handys. Deswegen konnten die Teilnehmer bei einigen Übungen diese öffentliche Telefonzelle nutzen, um ihre Familien anzurufen. Zweck und Ort ihrer Reise durften sie bei dem Gespräch natürlich nicht verraten. Ein Handy hätte übrigens auch nicht geholfen, da es hier tief unter dem Beton keinen Empfang gibt.«

Innerhalb des Bunkers wurden die Nachrichten per Rohrpost weitergeleitet.
Dazu wurden sie mit einem Code verschlüsselt aufgeschrieben, in kleine Boxen verpackt und durch ein ausgeklügeltes System von Röhren von einem Büro ins nächste geschickt. Während der ersten Übungen musste sogar noch jedes Telefonat mit der Außenwelt von einer Telefonistin per Hand vermittelt werden. Das sogenannte Fräulein vom Amt stellte die Gespräche über eine Steckverbindung in einem Fernschrank her. Auch über Funk und Fernschreiber erreichten oder verließen verschlüsselte Nachrichten und Befehle den Bunker. Da bei den Übungen geprobt wurde, wie das Regieren im Kriegsfall funktionierte, war der genaue Ablauf in einer Art Übungsdrehbuch festgelegt. Je nach eingehender Nachricht wurden dann im Bunker auf riesigen Tafeln mit Magnetstickern die Militärtruppen, Panzer und Raketen quer durch Europa bewegt. Nach zwei harten Wochen verließ der Regierungstrupp den Bunker wieder und überließ ihn für die nächsten zwei Jahre der Wartungsmannschaft.

 



 
 
     

Europa Nostra
Ausgezeichnet mit dem
"Europa Nostra" Preis 2009
Dokumentationsstätte
Regierungsbunker
Am Silberberg 0
53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler
Tel 02641 / 9117053
regierungsbunker@alt-ahrweiler.de

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